Gelb trifft rot trifft Blau
Eröffnung der Ausstellung in der Galerie
AbtART
Am 27. April 2004
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
ich freue mich, dass Sie (so zahlreich) zu dieser
Ausstellung gekommen sind und es ist mir eine
Ehre hier ein paar einleitende Worte sprechen
zu dürfen.
Gelb trifft rot trifft Blau
Malerei ist immer ein Aufeinandertreffen von Farben
- ein FarbTreffen sozusagen und der Künstler
ist derjenige, der dieses Treffen arrangiert.
Jede Malerei funktioniert in dieser Weise. Mal
bilden sich in diesem Treffen Gegenstände
mal abstrakte Formen mal sind es nur die Farben,
die für sich stehen.
Auch Bernd Mattiebe lässt in seinen Bildern
Farben aufeinander treffen.
Aber es sind nicht irgendwelche Farben: Es sind
die Farben Gelb, Rot und Blau. Also die Grundfarben,
d.h. jene Farben aus denen alle anderen Farben
gemischt werden können. Sie sind die Ursprünge
aller Farben, die Mütter aller Farben.
Wenn Sie rein auftauchen, entwickeln sie eine
einzigartige Wirkung, die keine Farbe, keine Mischfarbe
in dieser Intensität vermittelt. Die Grundfarben
scheinen, mehr als andere Farben, ein Recht darauf
zu haben, für sich selbst zu stehen, nichts
zu bedeuten, als sich selbst.
Farben um ihrer Farbigkeit willen sozusagen.
Die besondere Wirkung der reinen Farben, ist,
wie sie alle wissen, ein wichtiges Thema in der
Kunst des zwanzigsten Jahrhundert. Besonders bei
Künstlern wie z.B. Mondrian oder auch Barnett
Newmann, der in der Mitte seines Lebens den Reinen
Farben verfiel: 1967 beginnt er mit seiner berühmten
Bilderserie "Who's Afraid of Red, Yellow
and Blue", (eines der vier Bilder dieser
Reihe hängt in der Staatsgalerie).
Newmann hatte Jahre und Jahrzehnte benötigt
um seinen Weg zur den reinen Grundfarben zu finden,
denen er dann riesige Leinwände widmete.
Die Kraft die seiner Gemälde war ungeheuerlich,
sie flößten der Öffentlichkeit
richtiggehend Angst ein: Es wurden Attentate auf
seine Bilder verübt, Museumsdirektoren, die
es wagten Newmans Bilder zu kaufen, mussten mit
Morddrohungen rechnen.
Die Kraft der Grundfarben, der Mut des Künstlers,
sie in Ihrer Reinheit ganz direkt auf die Leinwand
zu bringen.
Auf diesem Weg der reinen Farbigkeit geht auch
Bernd Mattiebe. Und dies seit nunmehr fast 10
Jahren.
Bernd Mattiebe, wir kennen ihn alle als Mitglied
der Künstlergruppe Maximal, ist Maler von
der Pike auf. Er studierte u.a. bei Rudolf Haegele
an der Kunstakademie Stuttgart. Zunächst
interessierte ihn die Farbe primär als Farbmaterial.
Er entwickelte aus Materialbildern (bei denen
er u.a. mit organischen Stoffen z.B. Asche arbeitete)
Bilder, in denen er die Farbe in fetten groben
Schichten auftrug. Die Leinwände verschwanden
förmlich unter Farbhäufen, die Malerei
wuchs ins Relief. Nach und nach arbeitete sich
Mattiebe wieder in die Fläche zurück
und je planer die Oberfläche wurde umso wichtiger
wurde die Farbigkeit als solche, solange, bis
er schließlich auf seinem Weg als Maler
zu den Grundfarben gelangte, denen er bis heute
verpflichtet ist.
Gelb rot blau, haben ihn nie wieder losgelassen.
Gelb triff Rot triff Blau. Seit nunmehr fast 10
Jahren. arrangiert Mattiebe immer aufs Neue das
Aufeinandertreffen seiner Farben.
Ich finde, er arbeitet wie ein Farbdramatiker,
seine Protagonisten: die Grundfarben, seine Bühne:
die Leinwand.
Trotzdem bleibt er als Maler frei und spontan,
er verpflichtet sich keinen von vorn herein festgelegten
Konzepten:
So entsteht jedes Gemälde ohne Skizzen oder
andere konstruktiven Vorarbeiten:
O-Ton Mattiebe: "Keine Skizzen, einfach Malen.
Von einem Bild zum nächsten."
Über die Jahre entwarf er auf diese Weise
die unterschiedlichsten Szenarien und obwohl das
Thema immer dasselbe ist (die Grundfarben nämlich),
sind die Ergebnisse vollständig unterschiedlich.
Er sucht nach immer neuen Konstellationen und
malerischen Methoden die Grundfarben miteinander
ins Verhältnis zu setzen. Mal lässt
er sie in wilden Gesten wie im Kampf aufeinander
los, mal stellt er sie streng und gesittet nebeneinander
oder gestaltet Formen die in ihrer Komposition
der Farbigkeit ihre jeweilige Bedeutung zuweisen.
Es gibt sogar Bilder, bei denen er der Farbe völlig
freien Lauf lässt, bei seinen Schüttbildern
z.B. bei denen er die Leinwand auf den Boden seines
Ateliers legt und aus einem Eimer Farbe an die
Wand darüber schüttet wodurch wie zufällig
entstandene Explosionen entstehen.
Man gewinnt bei Mattiebe den Eindruck, dass er
sich in eine gleichberechtigte Auseinandersetzung
mit der Farbe begibt. Mal lenk er als Maler die
Farbe mal lenkt die Farbe ihn, so spannt sich
sein Werk zwischen Konstruktivität und Alleatorik.
In vielen seiner Gemälde spielt ganz bewusst
mit diesen Gestaltungselementen, wenn er z.B.
große flächige Rundungen auf rote und
gelbe Farbexplosionen legt (im Büro von Frau
Abt) oder bei seinen kleinformatigen Arbeiten
im Treppenhaus, bei denen er Farbspritzer klaren
Farbstreifen und geometrischen Formen gegenüberstellt,
getrennt durch eine strenge aber imaginäre
Grenze.
Manchmal reduziert er bei der Suche nach der Wirkung
der Farbigkeit die Farbe bis sie beinahe verschwindet,
er untersucht, wie weit er bei seiner Reduktion
gehen kann, ohne dass das Gemälde als solches
verschwindet. Oder anders herum in Mattiebes Worten:
"Was muss drauf sein, damit ein Bild entsteht"
Trotz der Leidenschaft, mit der sein Farbprojekt
verfolgt ist Mattiebe über die Jahre kein
Dogmatiker oder ein verschrobenener malender Farbtheoretiker
geworden.
Als ich ihn nach einer Art durchgängigen
Konzept bei seiner Malerei und die Frage wissen
wollte, die er sich als Maler stellte meinte er
lakonisch
"Ich frag mich gar nix, ich mal einfach"
So zeichnet Mattiebes Werk eine unglaubliche
Vielfalt und Experimentierfreude aus:
Er hat kein Problem, bei einigen Bildern auch
Grün zu Wort kommen zu lassen, oder sich
mit der Materialität der Farbe zu beschäftigen,
(bei seinen Salzbildern z.B.)
In der Werkreihe Rubberworld arbeitet er sogar
mit Weckgummis (die Besten sind aus Frankreich).
Der Gummi funktioniert wie viele der Formen die
Mattiebe auf seine Leinwände inszeniert.
Einerseits deutlich in ihrer geometrischen Form,
aber dennoch immer auch beweglich und flexibel.
Bei einer seiner neuesten Bilderreihen unternimmt
er sogar einen Exkurs ins gegenständliche,
ja fast erzählerische: er kombiniert Farben
mit Zeichen und Embleme aus der Computerwelt einige
seiner Arbeiten (die hier allerdings nicht gezeigt
werden) zeigen sogar die Computerspielheldin Lara
Croft.
In diesen Arbeiten scheint die zweite wichtige
Seite des Künstlers Mattiebe auf: Mattiebe
als Computerkünstler. Seit Jahren beschäftigt
er sich mit dem Computer als Informations- und
Gestaltungsmedium und hat sogar selbst Computerspiele
programmiert. Auf diese Seite des Künstler
kann bei dieser Ausstellung jedoch nicht eingegangen
werden, ich kann Sie lediglich auf Bernd Mattiebes
Homepage hinweisen: www.mattiebe.de. Sie ist allemal
einen Blick wert.
Wir lernen hier in der Galerie Abt den Maler
Mattiebe kennen.
Einen Leidenschaftlichen Maler der mit eine Mischung
aus Leidenschaft, Konzentration und spielerischem
Geist der Wirkung von Farbe nachspürt, der
immer aufs Neue in immer neuen Szenarien die Kraft
der reinen Farbigkeit heraufbeschwört.
"Wer hat Angst vor Gelb Rot und Blau"
Bernd Mattiebe mit Sicherheit nicht und ich hoffe,
meine Herrschaften Sie auch nicht.
Genießen Sie diese wunderbare Ausstellung.
Dr. Tobias Wall
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